Portfolio
Die fotografische Arbeit von Bernd Weingart bewegt sich im Grenzbereich zwischen Sichtbarem und Verborgenem. Sein Interesse gilt jenen Augenblicken, in denen Realität, Wahrnehmung und Imagination ineinanderfließen - Momenten, in denen das Offensichtliche transparent wird für eine tiefere, oft unaussprechliche Dimension. Für Weingart ist Fotografie nicht nur Dokumentation, sondern ein Medium, in dem Stimmungen, Erinnerungen und innere Resonanzen Gestalt annehmen.
In der Serie Flüstergewölbe begibt er sich auf eine Reise durch die Landschaften und Erinnerungsräume seiner Herkunft. Er wird ergriffen von den Environments einer untergehenden Welt Ende der 1980er Jahre in der DDR. Verlassene Häuser, verwilderte Parks und nächtliche Wege spiegeln eine innere Topografie, in der persönliche Erfahrung und kollektive Geschichte ineinanderfließen.
Mit den Nachtstücken richtet sich sein Blick auf die urbane Nacht Berlins: Straßenräume, deren Dunkelheit ein anderes Sehen eröffnet, in dem er Spuren von Gesetzen und Ideen liest, die er in ein geistiges Äquivalent überführt. Diese Bilder entstehen aus einer kontemplativen Wahrnehmung, die das Unsichtbare berührt.
Die Serie Oden führt ihn zurück zu seinem Ursprung - in die Landschaft Thüringens. Hier verdichten sich Momente zeitloser Präsenz, in denen Natur, Erinnerung und innere Resonanz eine stille Einheit bilden. In Lemusichs Garten schließlich öffnet sich ein imaginärer Raum, in dem Philosophie, Mythos und das freie Spiel der Imagination ineinanderfließen. Dieses visuelle Glasperlenspiel sprengt die Grenzen von Realität und Fiktion und entfaltet Bildwelten ständiger Wandlung.
Allen Serien gemeinsam ist das Anliegen, die flüchtigen Momente, in denen ihm die Welt entgegenblickt und er den Zauber des Erlebens als tiefe Verbundenheit mit allem Sichtbaren und Verborgenen wahrnimmt, in sinnliche, kontemplative Präsenz zu verwandeln.
Weingarts Fotografie verweigert sich der reinen Mimesis: Die Kamera wird nicht zum Werkzeug bloßer Dokumentation, sondern zum Medium innerer Verdichtung. Jeder Bildausschnitt reflektiert ein Sehen, das stets von der Integration seiner eigenen Existenz und von poetisch-philosophischen Resonanzen durchdrungen ist.
So wird in seinen Bildern das Alltägliche aufgeladen, das Gewöhnliche durchscheinend für das Unerschöpfliche. Die »Transparenz des Augenblicks« wird sichtbar - eine leise, zeitenthobene Erfahrung, die den Betrachter berührt und in die Tiefe führt.
Die Fotografien Weingarts erzählen von Freiheit: der Freiheit, die Welt im Augenblick wahrzunehmen, ohne sie auf eindeutige Bedeutung zu reduzieren. In dieser Offenheit liegt die Kraft seiner Kunst - ein Versprechen von Intensität, Melancholie und Transzendenz, das uns jenseits der Zeit berührt.