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Vigilien

Die Fotografien dieser Vigilien entstanden auf absichtslosen Spaziergängen in Gotha, einer Kleinstadt in Thüringen. Die Stille verbergender Labyrinthe der Nacht hatte mich schon immer angezogen, auch weil hier das äußere Abschotten gegen den inneren Blick, dieser banale Ausdruck gegenwärtiger Architektur nicht länger dominierend bleibt. Die auf jenen Spaziergängen erlebten inneren und äußeren Stimmungen, das erstaunliche Empfinden beim Blick in eine gefundene Szenerie von dieser selbst angeschaut zu werden, bilden den Ausgangspunkt der Entstehung der Bilder. Mich darauf einlassend, diese Stimmungen und Gefühle im Proustschen Sinn als Zeichen von Gesetzen und Ideen zu lesen welche es gilt zu einem geistigen Äquivalent umzuformen, verlockten mich die Eindrücke zu visualisieren.

Die Arbeiten dokumentieren in ihrer zwielichtigen Luminosität das Sichtbare einer nächtlichen Welt und gleichzeitig ein Verborgenes, welches im vorherrschenden Sfumato der Aufnahmen angedeutet ist. Eine zeitrelativierende Stimmung gewährt jenen welt- und selbstvergessenen Blick auf die gebannten Szenerien, welcher eine transparente Unschärfe aus dem Dunkel wachsen lässt und mit ihr die Frage, woher uns die Dinge in ihrer Gestalt erscheinen. Gültigkeit fordernde Antworten hierauf gleiten nach kurzem Aufleuchten zurück in die Melancholie ihres Ursprungs. Die Fotografien berichten vom Finden und angeschaut werden eines mir zugehörigen Augenblicks. Auch in dieser Lucubratio verweisen die gefundenen Fragmente, Zeichen und Motive nach individueller Deutung, auf die Kontingenz und das Geheimnis eines lebendigen Ganzen.