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Heiligenholz

Auf selbstvergessenen, absichtslosen Spaziergängen durch die Thüringer Landschaft wächst das Gefühl einer Erinnerung. Labyrinthisches Umkreisen der Flurstücke meiner Kindheit lässt jene Stimmung einer alles durchwirkenden Präsenz lebendig werden, welche mich als mysteriöses Erleben bis heute begleitet. Die vorliegenden Fotografien dokumentieren den Versuch, eine solche zeitrelativierende Begegnung zu visualisieren.

Immer noch vermag jener mit der Kamera gewonnene Ausschnitt der Welt, welcher die in der Landschaft erlebte Stimmung und die Reflexionen des Lichts eines winzigen Augenblicks transportiert, mich daran zu erinnern, dass ein Teil unseres Wesens außerhalb der Zeit beheimatet ist. Der dokumentierte Ausschnitt der Landschaft schaut mich an und trifft meinen Blick. Die Begegnung welche das in der Landschaft erlebte Gefühl einer zeitvergessenen Stille wieder aufleben lässt, weckt das Verlangen den Zauber einer solchen Präsenz zu entschlüsseln, ihn zu verstehen und verfügbar zu machen. Die in den Fotografien wohnende Melancholie bestätigt allerdings auch hier die Erfahrung, jene flüchtige Realität mit einem solchen Versuch zu zerstören.

Es bleibt die Erkenntnis und das Gefühl eines unbekannten Ursprungs der sichtbaren Dinge, die Ahnung des Sophokles einer Le monde enchanté, einer sich selbst besingenden, sich selbst beseelenden Welt. Das Zusammentreffen des visualisierten Ausschnittes der Wirklichkeit welcher mich anschaut und meinem Blick begegnet, die flüchtige Stimmung jener stillen Präsenz und dieser als zeitlos erlebte Augenblick, bleibt ein Geheimnis und entfacht erneut die Lust, an Unsagbarem teilzuhaben.